Merlin behauptet sich in Matsch und Regen
22.08.2007Wenn man in olympischen Kategorien denkt, dann haben die Robotik-Experten der Uni Würzburg gerade bei der Europameisterschaft in der Schweiz eine Gold- und eine Bronzemedaille gewonnen. Sie beteiligten sich dort am Europäischen Test für Roboterfahrzeuge: Das Team von Professor Klaus Schilling schickte seinen Outdoor Merlin ins Rennen – und der schlug sich in der internationalen Konkurrenz erneut hervorragend.
Im Tessin fand vom 13. bis 16. August der europäische Roboterwettbewerb C-ELROB (European Land Robotics Trial) zum zweiten Mal statt; diesmal lagen die Schwerpunkte auf Rettungseinsätzen in schwierigem Gelände. Insgesamt 14 Teams aus Universitäten und der Industrie machten mit. Allein neun Mannschaften kamen aus Deutschland, weitere aus der Schweiz, aus Polen, Portugal und Finnland.
Extra für die Roboter hatten die Organisatoren in Monte Ceneri einen kleinen Marktplatz aufgebaut, unter anderem mit Tischen, Buden, Autos, einem Zelt und offenen Gebäuden. In dieser Umgebung waren orangefarbene Gefahrgut-Hinweisschilder (ERICards) versteckt. „Wir hatten 40 Minuten Zeit, um mit unserem Merlin möglichst viele Schilder zu finden, lesbare Bilder davon zu machen und die GPS-Koordinaten zu ermitteln“, erklärt der Würzburger Teamleiter Daniel Eck die Regeln des Wettbewerbs.
Diese Aufgabe absolvierte der Zauberer aus Würzburg so gut wie kein anderer Mitbewerber: Er spürte sieben Schilder auf, machte von jedem ein scharfes Foto und stellte sechs Mal korrekt die GPS-Daten fest. Es gab aber ein spannendes Finish mit dem Konkurrenten von der Telerob GmbH (Ostfildern): Beide waren gegenüber der Konkurrenz bereits deutlich in Front und hatten gleich viele Objekte erkannt. Doch Merlin schaffte es schneller, die Daten an die Schiedsrichter zu übermitteln. Damit gewann er im Schlussspurt den Pokal für den Wettbewerb in einer Stadtumgebung.
Bei dem Wettfahren in schwierigem Außengelände landete Merlin, unterstützt durch die Studenten und Doktoranden Daniel Eck, Martin Hess, Manuel Stahl und Doris Aschenbrenner, auf dem dritten Platz. Diesmal hatten die Roboter ein Waldgebiet von knapp einem Hektar Fläche zu erkunden, auf dem ebenfalls ERICards versteckt waren. Leider hatten die Würzburger an diesem Tag das Wetter gegen sich: Bei sturzbachartigem Regen mussten sie vormittags als erste Mannschaft antreten. „Zuerst wollten zehn Teams mitmachen, vier davon haben dann aber wegen des extremen Wetters abgesagt“, so Eck. Den Würzburger Informatikern gelang es trotz der widrigen Umstände, ihren Merlin 40 Minuten lang über Stock und Stein durch den matschigen Wald fahren zu lassen. „Leider konnten wir kein scharfes Foto abliefern, weil die Kamera durch die vielen Wasserspritzer beschlagen war. Aber immerhin konnten wir trotzdem die GPS-Koordinaten von Schildern ermittelt“, resümiert das Merlin-Team.
Roboter-Demonstration am 30. August
Wer den siegreichen Merlin und andere Roboterfahrzeuge in Aktion erleben will, sollte sich den Donnerstag, 30. August, vormerken. An diesem Tag demonstrieren die Teilnehmer einer internationalen Konferenz (Thema: „Robotics and Applications“) an der Uni Würzburg diverse Roboter. Interessierte sind eingeladen, dieses „Schaufahren“ zwischen 13.50 und 15.10 Uhr vor der Robotik-Halle auf dem Universitätsgelände am Hubland mitzuverfolgen.
Der Name Merlin bedeutet „Mobile Experimental Robot for Locomotion and Intelligent Navigation“. Das Fahrzeug entstand im Rahmen der Entwicklung eines Mars-Rovers für die Raumfahrt. Seit 1992 wird es vom Steinbeis Transferzentrum ARS als vielfältig einsetzbares Roboterfahrzeug auf dem Markt angeboten. Der Outdoor Merlin ist nun eine gemeinsame Weiterentwicklung des Transferzentrums mit der Uni Würzburg. Er soll beispielsweise Feuerwehrleute bei gefährlichen Einsätzen unterstützen, ihnen vorausfahren und für sie vorab die Lage erkunden.
Die Würzburger Informatiker haben dem Outdoor Merlin zusätzliche autonome Funktionen gegeben, die den Fernbediener unterstützen. So kann er zum Beispiel selbstständig Hindernisse erkennen und umfahren. Ein Assistenz-System regelt den dabei gefahrenen Radius und verhindert, dass der Roboter zu schnell eine enge Kurve zieht und umkippt. Reißt die Funkverbindung zum Fernbediener ab, kehrt Merlin völlig selbständig zum Ausgangspunkt seiner Mission zurück – die bis dahin zurückgelegte Wegstrecke hat er sich gemerkt. Beim Anfahren am Hang erfasst das Gefährt unter anderem die Neigung des Geländes und die Beschaffenheit des Untergrundes. Das ermöglicht es ihm, auch an einer Steigung sicher aus dem Stand durchstarten zu können, ohne sich dabei zu überschlagen.
Der Outdoor Merlin ist etwas kleiner als ein Bierkasten. Er trägt zwei Kameras, fährt bis zu 30 Stundenkilometer schnell und wiegt 20 Kilo. Seine Leistungsfähigkeit hat er bereits beim 1st European Land-Robot Trial (Elrob) 2006 im unterfränkischen Hammelburg bewiesen. 2008 geht Elrob in die dritte Runde, dann wieder in Hammelburg. Auch hier hoffen die Würzburger Informatiker, mit dem Merlin wieder mit vorne dabei zu sein. Schon jetzt forschen sie dafür intensiv an den nächsten technischen Kabinettstückchen in Sensorik, Telematik und Regelungstechnik.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Klaus Schilling, T (0931) 888-6647, schi@informatik.uni-wuerzburg.de
Mehr Informationen über den Elrob-Wettbewerb gibt es HIER.
Quelle: Newsartikel auf der Uni-Homepage vom 21.8.2007