Intern
Institut für Informatik

13.06.2024

Informatik-Kolloquium

Auf Einladung von Prof. Dr. Tobias Hoßfeld findet der folgende Vortrag statt:

Donnerstag, 13. Juni 2024, 14:15 Uhr, Übungsraum II, Informatikgebäude, Am Hubland

Dr. Thomas Fritsch
Tokeya Deep Data Dive GmbH & Co. KG, Würzburg

Neue Einblicke in Struktur und Funktion biologischer neuronaler Netze zur Neuheitsdetektion

 

Abstract

Aktuelle Auswirkung dieser Erkenntnisse auf das Design künstlicher neuronaler Netzwerke in Richtung Neuromorphic Computing einschließlich der Leitmotive aus der sensorischen Neurostimulation.

Neueste Forschungsergebnisse am MIT (Picower-Institut) zeigen, dass die mit unterschiedlichen Hirrnaktivitäten (Schlaf, Langzeitgedächtnis-Konsolidierung, achtsame Aufmerksamkeit, körperliche Aktivität und Kognition) verknüpften elektrischen Signale mit unterschiedlich hohen Frequenzen (Delta < Theta < Alpha < Beta < Gamma) im Großhirn layerspezifisch in den 6 Layern der grauen Substanz der Hirnrinde erzeugt werden.

Insbesondere sind für die evolutionsbiologisch überlebensnotwendige Erkennung und das Erlernen von NEUEN, bislang unbekannten Mustern, welches über die Modulation von Gamma-Oszillationen erfolgt, spezielle "Steuerneuronen" (Interneuronen) PV++ zuständig, die beim sensorischen Eintreffen neuer, noch zu lernender unbekannter Muster strukturell hemmend auf eine andere Interneuronen-Gruppe SOM++ wirken, die für BEKANNTE bereits gelernte Muster zuständig ist und aktiv wird, wenn bekannte Muster präsentiert werden. In diesem Fall werden die PV++- Interneuronen von den SOM++-Interneuronen gehemmt.

Hieraus ergibt sich die Idee, diese sich wechselseitig beeinflußende biologische Erkennungsstruktur für "novel/familiar" konzeptionell für den Entwurf neuartiger künstlicher Neuronaler Netze aus dem Umfeld des Neuromorphic Computing (u.a.Spiking NN) zu nutzen, um insbesondere die bei DNNs und LLMs mit klassischer Architektur auftretenden Fehlzuordungen ("Halluzinationen") zu reduzieren bzw. gar vermeiden zu können.

Der Begriff "Halluzination" aus dem Begriffsrepertoire der psychischen Störungen, insbesondere der Schizophrenie, deutet auf eine Dysfunktionalität des zugrunde liegenden neuronalen Apparats hin, die durch eine Abweichung der vorherrschenden Gamma-Frequenzen von einer "Grundfrequenz" gekennzeichnet ist, welche für die Muster-Erkennung in der Umwelt von biologischen Organismen entscheidend ist: das neuronale "Leitmotiv" 40Hz.

Dieses Frequenz-Leitmotiv kann durch neue Methoden der externen sensorischen Neurostimulation, wie u.a. vom Vortragenden entwickelt, dazu genutzt werden kann, ein ausgewogenes neuronales Erregungs-Hemmungs-Gleichgewicht wieder herezustellen, wie am Beispiel der erfolgreichen Behandlung chronischer Migräne (mit Aura, d..h "optische Halluzinationen") gezeigt wird. Das Leitmotiv 40Hz kann aber auch zum beschleunigten" Transfer-Lernen" bei BCI (Brain Computer Interfaces) mit AI control verwendet werden, was am Beispiel Video-gaming erläutert wird. Bei dem brandneuen Projekt "synthetische Erinnerungen" (mit DALL-E) kann das 40Hz-Leitmotiv bei der "reminiscent therapy" gegen Demenz effektiv eingesetzt werden. Die Zukunft des Neuromorphic Computing kann somit durch die Berücksichtigung biologischer Leitmotive wie 40Hz in der zugrunde liegenden neuronalen Struktur maßgeblich befördert werden

 

Biographie:

Dr. Thomas Fritsch studierte bis 1990 Mathematik an der Uni Würzburg. Er fertigte seine Diplomarbeit zur Dimensionierung und Leistungsoptimierung mehrschichtiger Neuronaler Netze 1989/90 als einer der Ersten an der Fakultät für Informatik am Lehrstuhl für Informatik III an. In der Folge promovierte er von 1990-1995 bei Prof. Tran-Gia zum Thema "Neuronale Netze in Planung und Optimierung von mobilen Kommunikationssystemen ". In dieser Zeit hat er 6 Diplomarbeiten und ca. 20 Projektarbeiten (heutige Bachelor-Arbeiten) zum Thema Neuronale Netze (NN) betreut, 2 Buchkapitel zu NN in Telekommunikation und Medizin (Parkinson-Diagnostik) sowie mehrere Konferenzbeiträge und Zeitschriften-Artikel zu NN veröffentlicht. In Kooperationen mit der Neurologie an der Ruhruniversität Bochum und Würzburg, sowie mit den Firmen IBM und Daimler- Benz wurde die Anwendung verschiedener Arten von Neuronalen Netzen explorativ genutzt.

Als Mitglied des Vereins zur Erforschung komplexer Systeme an der Universität Würzburg hat er 1995 das erste interdisziplinäre Symposium zu Neuronalen Netzen zurTheorie mit Anwendungen in Biologie, Medizin und Technik mit organisiert. Im Jahr 1996 präsentierte er seine Forschungsergebnisse zur Frage, ob Repräsentationen von Mustern in Neuronalen Netzen auftreten im Namen seines Privatunternehmens in Gran Canaria bei "Brain Processes, Theories and Models. An international Conference in Honor of Warren McCulloch".

Im Verlauf des "neuronalen Winters" von 1997 bis 2009 war er im Bereich Multifrequenz- Ultraschalldiagnostik mit Unterstützung von Neuronalen Netzen international tätig und hat hierbei ein Patent für einen neuen Ultraschallkopf erhalten. Privat hat er sich in dieser Zeit mit Bio- und Chemoinformatik (mit Neuronalen Netzen) und den Vorläufern des Neuromorphic Computing (ZISC von IBM und SYNAPSE von Siemens) fortgebildet. Neben intellgentem Facility Management und dem Einsatz von KI in der Blutdiagnostik konnte in dieser Zeit für einen Ausrüster von Sekundärtechnik für Energieversorgungsunternehmen die Unterstützung der Prädiktion von Blackouts in den Energienetzen mit mathematisch fundierten Methoden und aus der KI erreicht werden.

Im Jahre 2009 wurde von Dr. Fritsch die Yucoya Energy Safety GmbH gegründet und ein erster Prototyp zur Online-Überwachung von Leistungstransformatoren basierend auf dem o. g. Patent zusammen mit dem größten Verteilnetzbetreiber Deutschlands und weiteren internationalen Key Players entwickelt. Dieser wurde von einem Shareholder der Firma Yucoya separat zu einem kompakten intelligenten Überwachungsgerät weiterentwickelt, welches bislang weiträumig eingesetzt wird. Ab 2017 erfolgte die Übertragung des Energie-Bereichs an die neu gegründete Firma des ehemaligen shareholders. Die 2017 von Dr. Fritsch zur gleichen Zeit gegründete Firma Tokeya Deep Data Dive GmbH & Co. KG besorgt heute im Westen von Deutschland den exklusiven Vertrieb des o. g. neuen Überwachungsgeräts mit Einbindung von KI zum Zweck der dynamic predictive maintenance von Betriebsmitteln in den Ernergienetzen.

Die Firma Tokeya setze in den Jahren 2017 und 2018 Aufträge zur Zeitreihenanalyse von Stromnetzdaten und zur Verbesserung der Bilderkennung von verrauschten Straßenverkehrszeichen für autonomes Fahren mit Erfolg um. Von 2019-2023 wurde das BMBF-geförderte Projekt IASON zur Früherkennung von Alzheimer mit EEG-Analyse und der Entwicklung eines Sprach-Assistenten zur Unterstützung der Patienten durchgeführt. Aufgrund der Corona-Maßnahmen konnte dieses Projekt ab 2020 nicht in der gewünschten Form realisiert werden. Ab Mitte 2020 erfolgte daher eine Fokusänderung in IASON auf die Therapie von neurodegenerativen und psychischen Erkrankungen mit Hilfe von sensorischer Neurostimulation mit einem eigenen Verfahren, welches im Februar 2024 patentiert wurde. Der Fokus liegt hierbei auf chronische Kopfschmerzen und chronische Migräne. Bei individuellen Heilversuchen konnte die positive Wirkung des Verfahrens/des Gerätes erfolgreich gezeigt werden. Das IASON-Projekt wurde in 2023 durch das BMBF als erfolgreich beendet erklärt. Seitdem bemüht sich Dr. Fritsch um die Verwertung.

URL:

https://tokeya.de/lebenslauf-dr-thomas-fritsch