Trauer um Phuoc Tran-Gia
Die Universität Würzburg trauert um ihren Ehrenbürger, früheren Vizepräsidenten und Informatikprofessor Phuoc Tran-Gia. Er ist am 17. Mai 2023 im Alter von 70 Jahren verstorben.
Phuoc Tran-Gia kam im Jahr 1985 an die Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Hier war er zunächst Dozent für Computer-Netzwerke; 1988 wurde er dann auf den Lehrstuhl für Informatik III (Kommunikationsnetze) berufen. Den Lehrstuhl leitete er 30 Jahre lang, bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2018. In dieser Zeit hat er 46 Promotionen und sechs Habilitationen betreut. Zwölf seiner Alumni sind mittlerweile auf Professuren tätig.
Ein Schwerpunkt von Phuoc Tran-Gias Forschung war die Leistungsbewertung von Kommunikationsnetzen, vor allem in den Bereichen Internet der Zukunft und mobile Anwendungen. Dazu kamen die Gebiete Netz- und Ressourcenmanagement, Dienstgüte in Kommunikationsnetzen und Techniken der programmierbaren Netze, Netzvirtualisierung sowie Crowdsourcing.
Charismatischer Mensch und inspirierender Forscher
Von 2007 bis 2009 war der Informatiker Dekan der Fakultät für Mathematik und Informatik. 2015 wurde er zum Vizepräsidenten der JMU gewählt. In diesem Amt, das er drei Jahre lang ausübte, war er für die Bereiche Internationalisierung, Alumni, Informationstechnologie und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Alle diese Bereiche entwickelte er mit großem Engagement weiter – die Universität verlieh ihm dafür im Jahr 2020 die Würde eines Ehrenbürgers.
„Wir trauern sehr um unseren geschätzten Kollegen und guten Freund“, sagt Professor Tobias Hoßfeld, der Nachfolger von Phuoc Tran-Gia auf dem Lehrstuhl.
„Er war ein herausragender, international renommierter Wissenschaftler und Mentor und für viele, auch für mich, mehr als ein Doktorvater. Er war ein Vorbild in allen Bereichen, aber vor allem als Mensch! Mit seinem Weitblick und Charisma hat er viele Menschen auf ihrem Lebensweg inspiriert und geleitet. Wir werden das Andenken an ihn in Ehren halten.“
Firmengründer und Preisträger
Phuoc Tran-Gia hat mehrere international tätige IT-Unternehmen mitgegründet, darunter die Infosim Gruppe mit Hauptsitz in Würzburg, deren Geschäftsführer er von 1999 bis 2002 war. Außerdem war er Technology Consultant of Executives bei der Deutschen Telekom, bei Siemens und Datev.
2013 wurde Phuoc Tran-Gia mit dem Fred W. Ellersick Prize der IEEE Communications Society ausgezeichnet. 2016 wurde ihm vom International Teletraffic Congress (ITC) der Arne Jensen Lifetime Award verliehen. Dieser geht an Persönlichkeiten, die sich in der Forschung um die Modellierung, Kontrolle und Leistungsfähigkeit des Datenverkehrs verdient gemacht haben. Alle Preisträger müssen ein überdurchschnittliches Engagement in der einschlägigen Wissenschaftsgemeinde vorweisen können.
Ebenfalls 2016 erhielt Phuoc Tran-Gia den Robert Piloty-Preis der Technischen Universität Darmstadt, eine Auszeichnung für außergewöhnliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf den Gebieten der Elektro- und Informationstechnik, der Informatik und der Angewandten Mathematik. Phuoc Tran-Gia wurde damit für seine wegweisenden Arbeiten zur Methodik der Leistungsbewertung und Optimierung von Kommunikationsnetzen, insbesondere zu neuartigen Mechanismen der Steuerung des Internets, gewürdigt.
Zum Studieren nach Deutschland gekommen
Phuoc Tran-Gia, Jahrgang 1953, wurde in Da-Nang in Vietnam geboren. Mit 18 Jahren kam er zum Studieren nach Deutschland; hier schloss er 1977 an der Universität Stuttgart sein Studium der Elektrotechnik als Diplomingenieur ab.
Danach arbeitete er in der Softwareentwicklung digitaler Vermittlungssysteme bei Standard Elektrik Lorenz in Stuttgart. Ab 1979 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen, wo er 1982 mit einer Arbeit über „Überlastprobleme in rechnergesteuerten Fernsprechvermittlungssystemen. Modellbildung und Analyse“ promoviert wurde.
Von 1983 bis 1986 leitete Phuoc Tran-Gia in Stuttgart eine Forschungsgruppe am Institut für Nachrichtentechnik und Datenverarbeitung. Danach ging er nach Zürich, wo er von 1986 bis 1988 bei der IBM Research Division in der Architektur- und Leistungsbewertung von Kommunikationssystemen arbeitete. 1988 habilitierte er sich in Stuttgart mit einer Arbeit über „Zeitdiskrete Analyse verkehrstheoretischer Modelle in Rechner- und Kommunikationssystemen“.
Von Robert Emmerich